Wege

Montag, 18. Februar 2008

Fluss des Lebens

Aus dem scheinbaren Nichts fällt er aus dem Himmel, der Wassertropfen, dessen Reise so unvorsehbar und einzigartig wie die eines Menschen ist. Nur eines ist ihm gewiss, seine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt: Die Erde zu nähren, in Interaktion mit all anderen Erscheinungen und Lebensformen zu treten. Bäche, Pflanzen oder gar Menschen entstehen und dabei könnte das eine nicht ohne dem anderen währen.

"Weich ist stärker als hart.
Wasser ist stärker als Fels.
Liebe ist stärker als Gewalt."


Erst kürzlich, als mich eine Freundin fragte, ob sich meine heutigen Interessen und Tätigkeiten mit meiner Geschichte verbinden und erklären lassen, kam mir das Bild einer Flusslandschaft. Ich sah einen schmalen Wasserlauf, der aus der Leere, einer unsichtbaren Quelle entsprang und sich langsam seinen Weg bahnte: Zwischen satte Wiesen schlängelnd, durch festes Gestein dringend, nahm er wertvolle Mineralien und unterschiedlichste Qualitäten auf, die seinen weiteren Verlauf prägen sollten. Manches Mal beschenkte ihn der Wind mit einem Hauch von Freiheit, wenn ein kräftiger Sturm oder ein Abgrund ihn aus seiner geerdeten Bahn riss. Andere Male stand er vor scheinbar unüberwindbaren Felsformationen, die ihm zum Inne halten oder gar Rückzug zwangen. Einige Male konnte er sich nicht ent-scheiden und entzweite sich selbst dadurch.

"Du kannst nicht 2 Mal in den selben Fluss steigen."

In meinem Bild erscheinen sich viele dieser Wasserwege. Die einen widerspiegeln meine eigenen Verläufe, Spaltungen, Umwege und das Zusammenfließen. Andere symbolisieren Menschen, Freundinnen und Freunde, die sich mit meinen gekreuzt und vereint haben. Und wie jeder Tropfen einzigartig und ein Teil des Ganzen ist, so sind es auch meine Erfahrungen, meine Erlebnisse, meine freudvollen Begegnungen und schmerzlichen Trennungen, unvergleich- und unwiederholbar. Genauso wenig sich der Fluss der Zeit nicht aufhalten oder festhalten lässt, genauso wenig ist es mit dem eigenen Erleben. Umso wichtiger ist es, wie wir etwas erleben, denn es wird kein zweites Mal auf diese Weise geschehen und doch wird es meinen weiteren Werdegang prägen, ganz gleich ob ich will oder nicht.

Der Fluss geht auf die Reise...

Manches Mal scheint es keinen Sinn zu ergeben, wie sich mein Leben entwickelt - und umso befreiender ist es dann, die Zusammenhänge zu erkennen, wie das eine das andere beeinflusst und die einzelnen Strömungen ineinander fließen und gemeinsam bzw. allein(s) dem Ruf des Lebens folgen. Wie Menschen aus dem "Nichts" auftauchen, um sich zusammen an der Gegenwart zu erfreuen und sich ihr mit Demut und Dankbarkeit hingeben. Bis der Weltgeist uns wieder auf eine neue, einzigartige Reise schickt, der Kreislauf sich schließt, und der Fluss des Lebens ein neues Bild entstehen lässt.

Donnerstag, 7. Februar 2008

Mein Wille

Immer wieder stellt sich mir die Frage: Was will ich eigentlich? Wenn ich diese essentielle Überlegung nicht mit einem oberflächlichen "keine Ahnung" beantworten möchte, führt es mich unweigerlich in die Auseinander- und Zusammensetzung meines Selbst.

Dabei kann laut Kant der Mensch nur durch Erziehung Mensch werden. Er sei nichts, als das, was Erziehung aus ihm macht. Auch wenn es etwas eigenwillig formuliert ist, so trägt es doch einen wahren Kern in sich - der Mensch als "Nichts" sollte als Potenzial verstanden werden, als offener Werdegang, dessen Richtung sich erst weisen wird. Es ist beispielsweise erwiesen, dass sogenannte "Wolfskinder", also jene Kinder ohne menschliche Bezugsperson, sich nie verbal auszudrücken lernen. Dazu benötigt es eine Erziehung, die bei manchen früher, bei anderen später abgeschlossen ist, sobald sie selbständig ihr Leben führen können.

Erziehung also als Stütze

... die das noch gebrechliche Bäumchen beschützt und wegfällt, sobald es obsolet geworden ist. Kant zufolge sollten Kinder weiters nicht für den gegenwärtigen, sondern dem zukünftig möglich besseren Zustande des menschlichen Geschlechts, das ist: der Idee der Menschheit, und deren ganzer Bestimmung angemessen erzogen werden.

Wirds jetzt philosophisch - un(be)greifbar? Wenn ich mir den gegenwärtigen Situation ansehe - "Erziehungsberechtigte" in 40 Stunden-Jobs, Lehrende mehr mit dem Lehrstoff als mit den Schülern konfrontiert - dann fällt es mir schwer, diese Erziehung in einen zukünftig besseren Zustand zu erkennen. Natürlich hat sich viel verbessert in den letzten Jahrzehnten, und doch ist es noch eine sehr unbefriedigende Situation. Denn das Anpassen an den gegenwärtigen Zustand nimmt beim Großteil alle Energie auf sich, und dabei wird vernachlässigt, dass sich dieser längst weiter entwickeln möchte.

Sozialisation als Willensprägung


Das soziale Umfeld bestimmt meine Art des Lebens, meine Art des Denkens, meine Art der Wahrnehmung. Wachse ich in einem indigenen Naturvolk auf, in dem es kein Wort für "Besitz" gibt, führe ich ein völlig anderes Leben und werde etwas anderes wollen als in einer Industriegesellschaft. Dieses Bewusstsein von der massiven Beeinflussung unseres Umfelds, gab mir die notwendige Distanz zu diesem und ließ mich freier davon werden. Alleine das Wort Ehrgeiz half mir dabei zu verstehen. Ein ehrgeiziger Mensch gilt ja als etwas sehr Positives. Doch ist dieser Ausdruck nicht auch kritisch zu interpretieren: als ein Geiz nach Ehre (Ansehen, Prestige) - das, wonach die Politik, die Wirtschaft und generell jedes Individuum strebt?

Die Wechselwirkung des Willen


Möchte ich also beliebt und anerkannt sein, muss ich den Willen meines Umfeldes beachten - das Lernen wir von klein auf. So sind wir brav, wenn wir den Willen der Lehrenden befolgen, und werden bestraft, wenn wir es nicht tun. Ähnlich auch zuhause - befolgen wir die Regeln, werden wir geliebt, sind wir unartig, bekommen wir Liebesentzug und damit fehlt uns ein überlebenswichtiges Gefühl der Akzeptanz. Außenstehende haben es also nicht einfach, ganz gleich, wodurch sie sich (meist unfreiwillig) abgrenzen. Wir lernen daher, nicht unseren eigenen Willen zu folgen bzw. diesem zu vertrauen, da dieser stets zu Konflikten mit anderen führt und passen uns an - sozialisieren uns. Meist allerdings in einer derartig automatisierenden Weise, dass wir es nicht bewusst wahrnehmen.

Alle wollen euer Bestes - lasst es euch nicht nehmen!

Sowohl Erziehung als auch Sozialisation sind ein natürliches und bis zu einem gewissen Maße notwendiges Phänomen. Während die Erziehung (im engeren Sinn) sich diametral zur wachsenden Reife verhält und schließlich im Idealfall wegfällt, bleibt die Sozialisation uns ein Leben lang erhalten. Verbringe ich meine Zeit von Jung bis Alt in einer dörflichen Gemeinschaft mit wenig Kontakt zur Außenwelt, wird mir die Wirkung des sozialen Umfelds weniger bewusst sein (oder es wird mir zumindest schwieriger fallen) als wenn ich in unterschiedlichen Kulturen gelebt habe und die teilweise enormen Differenzen erfahre und sich dadurch die Werte zu relativieren beginnen.

Andererseits lässt sich dieser Unterschied auch schon in unterschiedlichen Familie und später Freundeskreisen feststellen. Insbesondere in letzerem passen wir uns den Gegebenheiten und den Willen anderer an, um ein reibungsloses Zusammensein zu ermöglichen. Je weiter diese jeweiligen Erwartungen von einander entfernt sind, umso mehr bewegt sich bloß an der Oberfläche - bis wir nur noch über Fußball und "Politik" reden können. Aber auch nur dann, wenn wir die selbe Mannschaft bzw. Partei unterstützen - alles andere wäre undenkbar. Undenkbar deshalb, weil wir es nicht gelernt haben, tiefer zu verstehen und uns in den Willen anderer nicht hineinversetzen können.

Was ich will


Wenn ich die Veränderung sein will, die ich in der Welt sehen möchte, dann beginnt es damit, alle unterschiedlichsten Willen zu verstehen, insbesondere meinen eigenen. Ich will in allen Gegebenheiten meinen Willen stets wahrnehmen und ihm treu bleiben, auch oder gerade wenn dieser in diesem Raum keine Möglichkeit zur Entfaltung zu haben scheint. Darauf darf kein Unverständnis und eine verurteilende Abkehr folgen, sondern eine Empathie den anderen gegenüber, seien sie noch so unterschiedlich oder gar konträr meinen Absichten gegenüber.

Ein bedingungsloser Wille also

... der unabhängig von den Umständen verstehen möchte, ohne dabei die Verbindung zu sich selbst zu verlieren und genauso spürt, wann es Zeit ist, die Aufmerksamkeit wieder ganz seinem eigenen Willen zu widmen. Und genau darin liegt das Spannungsfeld, in dem ich mich bewegen möchte: einerseits den Willen anderer zu verstehen, nachzuvollziehen und zu respektieren und andererseits dabei nie meinen eigenen Willen unterdrücken. Oder wie der Sufi-Mystiker Rumi meinte:

"Weit jenseits aller Vorstellungen von Richtig und Falsch gibt es einen Ort: Dort treffen wir uns"

Freitag, 25. Januar 2008

Der erste Schritt

Nach einer langen Reise durch Gedanken- und Gefühle-Welten erfolgte wieder einmal der Ruf: Schreib es doch auf, für dich und vielleicht auch für manch andere. Bis jetzt kam mir immer wieder mein Perfektionismus in die Quere: Nein, kein kommerzieller Weblog mit einer unsympathischen Websiteadresse und vielleicht gar Werbung...

Als Alternative folgten großartige Ideen, inspierende Visionen wie nicht ein Netzwerk geprägt von Erfahrungs- und Ideenaustausch entstehen könnte ... aber da Träume keine Ende zu haben scheinen, blieb es vorerst beim Träumen.

Daher mein Entschluss, mich auf das zu konzentrieren, was die wirkliche Motivation zu sein scheint: mit-zu-teilen. Achtsam zu beobachten und zu fühlen, was in mir vorgeht und dabei den Blick aufs Wesentliche nicht zu verlieren. Das, was mich und dich ausmacht.

Was ist lebendig in dir?

Die Ausrichtung, inne zu halten und zu schauen, was gerade in mir lebt, finde ich sehr anregend: Bin ich denn lebendig, kann ich mich und das was mich ausmacht (aus)leben, habe ich eine Verbindung zu dem, was mich bewegt, zum inneren Feuer, das mich vorantreiben will? Nehme ich meine Gedanken und Gefühle bewusst wahr, verstehe ich sie und: Kann ich mit ihnen umgehen? Lass ich sie zu und nimm sie an oder unterdrücke ich sie und lenke mich ab?

Fragen, deren Bedeutungen wohl keine Grenzen kennen, denn ist es nicht das, was unser Leben ausmacht: der entscheidende Faktor, ob wir glücklich (er)leben oder nicht. Wie wenig hilft mir äußerer Reichtum - wenn ich die Vielfalt der inneren Schätze nicht wertschätze.

"Ohne die Entwicklung von innerem Frieden,
gibt es keinen äußeren Frieden."


Eine Aussage voller Einfachheit und Klarheit. Und doch wohl die größte Herausforderung, die wir im Leben gestellt bekommen: Den inneren Krieg gegen sich selbst aufzugeben. Dazu muss Mensch bereit sein, sich allen Aspekten zuzuwenden, gerade auch seinen Schwächen und Ängsten. Sie haben immer eine Ursache, deren Entdeckung es wert ist, genauer hinzusehen.

Meine Erfahrungen haben mir nach und nach bewusst gemacht, dass das Zeigen von Gefühlen Vertrauen und tiefere Verbindung entstehen lässt, die in einem oberflächlichen Gespräch nicht zu stande kommen. Sind es nicht gerade diese Momente der Verbindungen, in denen wir uns blind zu verstehen scheinen, die das Leben wert-voll machen? In denen wir Zeit und Raum vergessen und einfach nur da sind: in der "Presence".

"Life is a gift, that's why we call it present."

Einen weiteren Schritt in diese offene Begegnung möchte ich durch diesen Weblog gehen und mich an dem zu erfreuen, was in mir - und falls du Lust hast auch in dir - lebendig ist. Wir alle haben Träume. Manche lassen sich alleine umsetzen, wie dieser Weblog. Auch wenn er seinen Sinn nicht erfüllen würde, wenn er nicht von dir gelesen wird und daraus ein Dialog entsteht.

Andere sind weit schwieriger umzusetzen, dafür brauchen wir Menschen, die sowohl das selbe Ziel verfolgen als auch die Vielfalt der Bedürfnisse der Gruppe respektieren. Und dabei wären wir wieder beim Zuhören, beim Verstehen wollen, beim Zeit nehmen. Ein Prozess und ein Thema, dass mich wohl noch manch andere Stunde beschäftigen wird...

Danke für's Zuhören - gern höre ich auch von Dir!

Christian

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