Samstag, 2. Februar 2008

Vom Herzen spielen

Vergangenen Herbst habe ich an einem Workshop Ursprüngliches Spiel (www.originalplay.com) teilgenommen. Nachdem mich diese Zeit sehr bereichert hat, möchte ich dir gerne meine Eindrücke über dieses Seminar in diesem Eintrag schildern.

Die Dualität des Gewinnens und Verlierens

Bereits beim Einführungsvortrag rollten nicht nur dem Seminarleiter Fred Donaldson Tränen des tiefen Mitgefühls über die Wangen. Wie viele Kinder wachsen heute in einem Klima der Distanz und (verbalen) Gewalt auf? In den Schulen werden wir auf den „wohlfahrtsfördernden“ freien Wettkampf vorbereitet, lernen die gesellschaftlichen Spielregeln anzuwenden und werden in allen Lebensbereichen in die Dualität des Gewinnens oder Verlierens eingewiesen. Nach Donaldson gäbe es in dieser Art des (Er-)Lebens bloß drei verschiedene Verhaltensweisen: entweder man kämpft, flüchtet oder wird zum Opfer.

Dringend gesucht: Eine andere Art des Zusammenseins

Nach seinem Doktortitel realisierte er, dass in der Wissenschaft bloß vom Lernen gesprochen, aber nicht erfahren wird. Also begann er Orte aufzusuchen, wo er wirklich lernen könne. Er begann in einer Vorschule mit Kleinkindern eine Verbindung aufzunehmen, indem er sich am Boden begab und anfing, geduldig die Sprache der Kinder zu lernen. Von aggressiven Kindern über Krebspatienten bis zu Grizzlybären, von allen bekam er eines gelehrt: das so genannte ursprüngliche Spiel. Eine Art des Zusammenseins, indem jeder die Rolle des Ichs vergisst und es nur noch ein Wir gibt.

Ein Blick in das bunt gemischte Publikum belegt die eigene Empfindung: Faszination, Berührtheit und Inspiration. Diese Aufmerksamkeit sollte bis zur letzten Minute anhalten. Aber was ist das ursprüngliche Spiel jetzt wirklich? Diese Frage wurde immer wieder gestellt. Oft gab Fred Donaldson genau durchdachte (und „durchgefühlte“) Antworten, welche die Philosophie des ursprünglichen Spiels umkreisten: Es sei ein Spielen, das aus dem Moment heraus entsteht, jenseits von kulturell Geschaffenem und Erlerntem. Im ursprünglichen Spiel erlängen wir den Schlüssel zu uns selbst und den Zugang zu einer inneren Verbundenheit mit allem, was ist.

Keine Angst, liebeswertes Wesen.


Es folgten neben seinen bewegenden Erfahrungen und Erläuterungen auch praktische Anwendungen: So mussten wir uns anfangs in eine simple Wettkampfsituation versetzen, in der der eine den anderen wegdrücken musste. Danach sollten jeweils einer der Teilnehmenden aus diesem Wettkampf aussteigen: Du möchtest meine Hand? Da hast du sie! Eine sanfte Berührung und ein erfüllender Blick ließen den im Wettkampfverbleibenden oft mit Fragezeichen sein Vorhaben vorzeitig beenden. Wozu soll ich Gewalt anwenden, wenn ich gar nicht bedroht werde? Und hier ist auch die Hauptmessage des ursprünglichen Spiels: Die Vermittlung des Gegenübers, dass er ein liebenswertes Wesen ist und keine Angst zu haben braucht.

Diese Einstellung bewirkt Wunder.


Und auch wenn manche Übungen nur bescheidene Ergebnisse lieferten, so war zumindest ein deutlicher Unterschied zu spüren: Die Anspannung, das Anhalten des Atems und die Einengung der Wahrnehmung auf den Widerstand im Wettkampf und die freundliche Gelassenheit während „dem Spielen vom Herzen“. Das alleine machte einen Qualitätsunterschied und eine Erfahrung, die man in alle Bereiche des Lebens integrieren kann.

Liebe ist stärker als Gewalt.

Oder wie Fred Donaldson sagt: "Ursprüngliches Spiel ist der Mut, Freundlichkeit und Sicherheit in allen Situationen auszustrahlen. Und das bedeutet: wenn der Boxschlag eines aggressiven Jugendlichen auf meiner Wange landet; in genau diesem Moment muss ich in der Lage sein, Liebe zurückzugeben. Liebe ist stärker als Gewalt. Das ist die Macht des Spiels. Und die Kinder dieser Welt warten darauf, dass wir uns zu ihnen auf den Boden setzen und für sie da sind."

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