Sonntag, 6. April 2008

Wie ich Dir begegnen möchte

von Virginia Satir

Dich wertschätzen, ohne Dich zu bewerten,

Dich ernst nehmen, ohne Dich auf etwas festzulegen,

Dich einladen, ohne Forderungen an Dich zu stellen,

Dir etwas schenken, ohne Erwartungen daran zu knüpfen,

Dir meine Gefühle mitteilen, ohne Dich für sie
verantwortlich zu machen,

Dich informieren, ohne Dich zu belehren,

Dir helfen, ohne Dich zu beleidigen,

mich um Dich kümmern, ohne Dich verändern zu wollen,

zu Dir kommen, ohne mich Dir aufzudrängen,

mich an Dir freuen, so wie Du bist.

Montag, 31. März 2008

Tiefer in die Welt hineinschreiten

von Mary Oliver

Eines Tages wußtest du schließlich,
was du zu tun hattest, und du begannst,
obwohl die Stimmen um dich herum
ihren schlechten Rat
weiterschrien -
obwohl das ganze Haus
zu zittern begann
und du das alte Zerren
an deinen Fußgelenken spüren konntest.
"Bring mein Leben ins reine!"
schrie jede Stimme.

Doch du bliebst nicht stehen.
Du wußtest, was du tun musstest,
obwohl der Wind
seine steifen Finger
ins Fundament selbst steckte,
obwohl ihre Schwermut
furchtbar war.
Doch es war schon spät
genug, und eine wilde Nacht,
und die Straße voller
herabfallender Äste und Steine.

Doch während du die Stimmen zurückließt,
begannen die Sterne,
einer nach dem anderen
durch die Wolkendecke hindurch zu leuchten,
und da war eine neue Stimme,
die du langsam
als deine eigene erkanntest,
die dich begleitete,
als du tiefer und tiefer
in die Welt hinein schrittest,
fest entschlossen,
das einzige zu tun, was du tun konntest -
fest entschlossen,
das einzige Leben zu retten, das du retten konntest.

Donnerstag, 27. März 2008

Sein

Ich fühle es. Wie es mich durchdringt.
Spüre, wie es um mein Bewusstsein ringt.

Will ich es erfassen, verlasst es mich.
Vertreibe ich es, so versteckt es sich.

Es geht, vergeht und bleibt zugleich.
Macht dir Angst; wenn du verstehst,
macht es dich reich.

Nähe - nichts verbindet so tief, so weit.
Trennt, schmerzender als jegliches andre Leid.

Erkenne es, in mir und weit entfernt.
Genieße, wie es uns erklärt,
wie sehr die Veränderung das Neue ehrt,
und ihm doch das Bleiben verwehrt.

Fühlst du es, am Leben zu sein?
Wie dir die Liebe Kraft verleiht,
die du brauchst, um das Leid - dein -
zuzulassen, und spürst du, wie es befreit?

Dienstag, 25. März 2008

In die Wildnis

Als ich vor 2 Jahren erstmals von einem Mann hörte, der sich in die einsamen Wälder zurückzog, um im Einklang mit der Natur zu leben, musste ich sofort mehr über ihn erfahren. Sogar Gandhi soll sich auf ihn berufen haben: Henry David Thoreau, ein Aussteiger im radikalsten Sinn, der seine Erfahrungen tagebuchartig in seinem Werk "Walden" niederschrieb. Bekannt wurde er vor allem durch sein Buch "Recht auf zivilen Ungehorsam", welches er im US-Gefängnis verfasste, da er sich weigerte, Steuern an einen Staat zu zahlen, der Krieg führte.

"Als könne man die Zeit totschlagen, ohne die Ewigkeit zu verletzen."


Mein Lieblingszitat von Thoreau, das mich tief berührt und der Beweggrund für eine ganze Aussteigergeneration ist, der "zivilisierten" Welt den Rücken zu kehren. Wenn Nachrichten in den Mittelpunkt aller Gespräche rücken, nach denen am nächsten Tag kein Hahn mehr kräht, wenn Werbungen, Lärm und Verkehr einem nicht zur Ruhe bringen lassen und das Wort "Stress" in jedem Gespräch zumindest einmal zu hören ist, dann ist es Zeit aus diesem Verhaltensmuster auszusteigen, und sich zu fragen, ob sich das mit dem Leben vereinbaren lässt, das mensch zu leben gedenkt.

"Mach dir nicht vor, du wolltest Irrtümer in der Natur verbessern.
In der Natur ist kein Irrtum, sondern der Irrtum ist in dir."


Als ich die Natur nicht mehr nur als "Umwelt" zu sehen begann, nahm ich unmittelbar die tiefe Weisheit wahr, die sie uns stets entgegenbringt. Ziellos, spielend und staunend wandelte ich durch Wälder und Gräser, mehr und mehr den skeptischen Blick anderer vergessend, laufend, schreiend, am blätterbedeckten Waldboden liegend ... dem Waldgeist lauschend. An einem Baumstamm gelehnt vernahm ich, je leiser ich wurde, die Einladung der Natur, mich als ein Teil ihrer zu verstehen. All den Irrtümern, die mich und meinen Alltag quälten, konnte ich tiefes Verständnis entgegenbringen, lachte, weinte, spürte Verletzlichkeit und Lebensfreude zugleich.

Back to the roots


Was veranlasst einem Menschen dazu, sich alleine soweit in die Wälder zurückzuziehen? Ob im Rahmen eines Aussteigerprojekts oder einer Visionssuche, es ist doch immer die Sehnsucht nach seiner innersten Natur. Jenes ursprüngliche Sein, das uns mit unseren Wurzeln und Vorfahren verbindet: mit allem, was ist. Genau das spiegelt uns die Natur auf ihre Weise: den erbitterten Kampf des Überlebens in den letzten Wintertagen, das wundervolle Erblühen von den ersten Sonnenstrahlen getragen, die reife Frucht im satten Grün, das Feiern bis zuletzt im prächtigsten Farbenkleid und schließlich die Hingabe dem Gesetz der Wandlung - dem Leben dienend und als bald neugeboren.

"Die Leute staunen und sagen, dass es ein Wunder sei, auf dem Wasser zu laufen. Nun, für mich ist es ein Wunder, auf der Erde zu laufen."

Das, was uns die Natur lehrt, ist das Wunder der Achtsamkeit, die Einmaligkeit des Augenblicks und das Vertrautsein, ja, wir sind keine Ausgegrenzten oder Verstossenen, sondern Teil eines größeren Ganzen. Unsere innerste Wahrheit ist uns dieser Aufgabe zu stellen, alles Lebendige zu bejahen und dem Leben zu dienen.
Als Mensch, der in der Zivilisation stets gefährdet ist, dieses Urvertrauen, diese ursprüngliche Verbindung und Sinnhaftigkeit mit Theorien, Diskussionen und neuesten Entwicklungen zu überlagern, kann ich mir nur immer wieder selbst raten: Pack das Notwendigste, lass alles andere zurück und geh raus, raus aus deiner selbstdefinierten Begrenztheit und und finde deine eigene Natur, draußen ... in der Wildnis.

Welkes Blatt

von Hermann Hesse

Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden,
Ewiges ist nicht auf Erden,
Als der Wandel, als die Flucht.

Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.

Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Lass es still geschehen.
Lass vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.

Freitag, 21. März 2008

Mut zum Alleinsein

Wenn du dich an eine Begebenheit in deinem Leben erinnern solltest, in der du deinen ganzen Mut gelebt hast, welche wäre das?
Bei mir war es die Entscheidung, mich von alten Denkmustern, alten Idealen/Strategien und alten Freundeskreisen zu distanzieren, da sich die Leere, die daraus entstanden ist, mich immer weniger erfüllen konnte. Ich hatte zwar immer wieder die Vorahnung, dass ich so nicht zu dem komme, was ich eigentlich brauche, doch war das Festhalten an den Hoffnungen zu stark als das ich mich davon hätte entfernen können.

"Den ersten Schritt gehst du immer allein."


Alleine kommen wir auf die Welt, und alleine verlassen wir sie auch wieder. Und wenn auch manche nahtlos vom Familienleben in eine Beziehung übergehen, so wird sich das Gefühl des Alleinseins zwischen diesen 2 großen Stationen des Werdens und Vergehens nicht vermeiden lassen.
Ich bin der Überzeugung, dass der Mensch sich vor nichts mehr fürchtet als vor sich selbst - dem alleinigen Sein. Denn wir verbinden damit sofort Schmerz und Einsamkeit. Je mehr wir uns selbst über andere identifizieren, desto stärker gehen wir verloren, wenn wir auf uns allein gestellt sind. Deshalb fällt es auch so schwer, unsere Träume zu verwirklichen, denn dafür müssen wir den ersten Schritt setzen - ganz alleine.

"Freiheit und Selbstentfaltung bedeutet, sich von der Meinung anderer frei zu machen."


Und wäre die Angst vor dem Alleinsein nicht genug, nein, es kommt auch noch die Ent-täuschung und das Unverständnis der anderen hinzu. Jene, die nicht verstehen wollen, dass du jetzt etwas anderes machen möchtest, deiner Stimme folgst und nicht jener anderer. Unser Bedürfnis nach Wertschätzung ist sehr verletzlich, da wir dafür Anerkennung bekommen, was wir tun und "leisten", und nicht geliebt werden für das was wir sind.
All das hat Jahre wirken, sickern und sich entwickeln müssen, bis ich realisiert habe, dass mich das Lob anderer nicht glücklich macht, solang an es an eine Leistung gekoppelt ist. Wenn ich diese nicht mehr leisten kann oder leisten will, bin ich im schlimmsten Fall sprichwörtlich wertlos - "nicht genügend". Wie ergeht es denn der älteren Generation, wie fühlen sie sich? Wie werden sie in unserer Gesellschaft behandelt und "wertgeschätzt"?

Nicht morgen, JETZT

All diese offenbaren Missstände unserer Gesellschaft haben es mir nicht schwer gemacht, zu erkennen, dass hier etwas schief läuft, und ich nicht der Schafherde nachlaufen möchte. Anfangs erhob ich nur den Zeigefinger, langsam zog ich mich zurück und beschäftigte mich tiefer mit diesen Widersprüchen und nach vielen weiteren gescheiterten Versuchen, mich doch einfach "einzugliedern", war ich soweit: ich distanzierte mich von all den Umgebungen, die mich nicht bereichert hatten und in denen ich nicht das sein konnte, was ich eigentlich leben wollte. Ich begann nach und nach auch Fernseher und andere ablenkende Verhaltensmuster stehen zu lassen und übernahm die Verantwortung über mich, über mein Leben.

Du brauchst nur dich selbst, um glücklich zu sein.

Das schrieb mir meine Schwester zu meinem 19. Geburtstag, als wir beide eine tiefgehende Krise durchgemacht hatten und ein weiteres Mal meine Vision eines friedlichen Freundeskreises und Zusammenseins in Scherbenhaufen vor mir lag. Diese Aussage tat weh, und doch wusste ich, dass sie der Wahrheit entspricht. Sie verhalf mir zu begreifen, dass ich nicht an anderen arbeiten muss, sondern einzig und allein an mir selbst. Alles andere entwickelte sich nach und nach in kleinen Schritten, solange ich mir selbst gegenüber Wertschätzung und Vertrauen aufbringen konnte. Und den Mut, mit mir alleine zu sein.

Mittwoch, 19. März 2008

Wir schreiben Geschichte

Beim Schreiben von Geschichten solle Spannung entstehen, bevor das "Happy End" kommt, muss davor noch eine tiefgehende Krise überwunden werden (oder umgekehrt). Damit entsteht Kontrast, die Geschichte variert, schwingt, wird unberechenbar - und somit fesselt sie uns. Mainstream-Soaps haben dieses Konzept natürlich längst in ihr Drehbuch integriert, allerdings wird dabei der Bogen von "guten und schlechten Zeiten" derartig plump überspannt, dass die Handlung wiederum vorhersehbar - und dadurch langweilig und oberflächlich wird.

Jede Geschichte wird davon geprägt, wie sie mit ihren inneren Spannungen umgeht.

Das ist meine heutige These. Schauen wir uns das einmal im größeren Kontext an, in der Weltgeschichte. Ein Auslöser der französischen Revolution war zweifelslos die arrogante Haltung des Hochadels, am Vorabend des 14. Juli 1789 soll jene Anekdote vom Philosophen Rosseau im Umlauf gewesen sein: Eine große Prinzessin gab an, als man ihr sagte, die Bauern hätten kein Brot … "So mögen sie Kuchen essen."
Diese Ignoranz gegenüber den Problemen - der gespannten Lage, verschärft die Abspaltung. Die Verneinung eines anderen Standpunkts führt zu einem blinden, ja schwarzen Fleck. Da hilft auch kein schwarz-weiß malen mehr, im Gegenteil: kann ein System, in diesem Fall die Gesellschaft, ihre inneren Spannungen nicht ausgleichen, werden diese einen spürbaren Rückkoppelungseffekt mit sich ziehen.

"Jedes System, dass seine Rückkoppelung abblockt, begeht Selbstmord."

Rückkoppelung lässt sich dabei als eine Art Rückmeldung, Feedback verstehen. Stellen wir uns einmal vor, Du und ich leben auf einer kleinen Insel. Nach einer Weile bemerken wir, dass wir mehr Bäume abholzen als nachwachsen. Ignorieren wir diese Tatsache, werden wir nicht nur die Wälder kahlschlagen. Stellen wir uns einmal vor, die Kluft zwischen Arm und Reich würde immer größer werden. Wollen wir darauf reagieren, oder diese Spannung weiter ausreizen? Und stell dir einmal vor, unser gesamtes Wirtschaftssystem wäre abhängig von NICHT-erneuerbaren Energieträgern. Die natürlichen Ressourcen schwinden, die Müllberge steigen. Überlegen wir uns alternative Wirtschafts- und Lebensformen oder wollen wir doch davor noch nach Osteuropa expandieren, ins boomende China investieren und das Wirtschaftswachstum multiplizieren?

"Die westliche Medizin ist schwarze Magie."

Kommen wir zu unserer eigenen Lebensgeschichte. Auch wenn es ein sensibles Thema ist, und ich grundsätzlich die westliche Medizin nicht strikt ablehne, so habe ich ihr gegenüber doch starke Vorbehalte. Jedes System, auch unser menschliches System, hat seine Rückkoppelung. Und diese will nichts anderes bewirken als unsere innere Unausgeglichenheit, also Spannung, hervorzuzeigen und entsprechende Reaktionen bewirken. Wird der menschliche Körper zu heiß, beginnt er zu schwitzen, was ihn kühlt. Arbeitet der Mensch zu viel oder für etwas, dass ihm nicht gut tut, wird er träge - ja vielleicht sogar depressiv. Nimmt er sich dann Zeit, dieses Ungleichgewicht zu erfassen und wieder in seine Mitte zu kommen? Oder schluckt er eine Beruhigungstablette, damit er weiter "funktioniert". Schwarze Magie deshalb, weil sie sich den Ursachen gegenüber ignorant verhält und bloße Symptome bekämpft, ohne darüber tiefergehend zu reflektieren.

Höhen und Tiefen


Wir alle erleben gute und scheinbar schwierige Zeiten, und nur wenn wir beides in unser Leben integieren, also akzeptieren, nur dann können wir Autor unserer eigenen Lebensgeschichte werden und bleiben. Wenn ich mein Leben so führe, dass ich nur meine Stärken zeige - mir und auch anderen gegenüber - und die Schwächen ins Unterbewusstsein abschiebe, begleitet mich ein überdimensionaler Schatten, der mich früher oder später doch einholt. "Hochmut kommt vor dem Fall" ist in diesem Kontext sehr passend.

"Die Antwort bist du Selbst."


Ich habe gelernt, dass meine Gegenwart reich und blühend wird, wenn ich mich mit allen Empfindungen und Begegnungen zu verbinden trachte und deren erleben als dankbares Geschenk annehmen kann. Je mehr Spannung es in mir erzeugt, umso mehr will das Leben mich auf etwas aufmerksam machen, dass ich möglicherweise bis dahin übersehen habe. Wenn ich dieser selbst-bewussten Haltung treu bleibe, entsteht aus Oberflächlichkeit tiefe Wahrnehmung, aus Gleichmut Mitgefühl und Engagement und aus Langeweile entwickelt sich eine bedingungslose Hingabe zum einzigartigen Augenblick. Dies ist die Geschichte, die wir unser Eigen nennen können und welche uns stets daran erinnern möchte, dass wir es sind, die sie schreiben.

Montag, 17. März 2008

Der Gewalt widerstehen

Weltweit toben Kriege, weltweit werden Menschen unterdrückt, weltweit herrscht Gewalt. Physische Gewalt in zahllosen Entwicklungsländern, über die kaum berichtet wird. Militärische Gewalt zuletzt offen gegenüber friedlichen Demonstranten in Burma, und jetzt in Tibet - das seit knapp einem halben Jahrhundert von China besetzt und unterdrückt wird.

"Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten."

Wie reagieren, wenn an einem so massiv Gewalt ausgeübt wird? Der Dalai Lama ist für mich hier eine sehr authentische Persönlichkeit. Erstens, weil er in einem Interview zugab, dass es ihm manches Mal sehr schwer fiele, für die Chinesen Mitgefühl zu empfinden. Zweitens, weil er die jetzigen gewaltausübenden Proteste der Tibeter nicht unterstützt. Sie schüren den Hass, und geben den Chinesen die Chance, den ausgerufenen "Volkskrieg gegen die Tibeter" weiter zu verschärfen.

Gewaltfreier Widerstand

Oft versetze ich mich in die Lage der Nazi-Zeit, ich als junger Mann wie heute, nur dazu gezwungen, einzurücken. Ich stehe also in meiner Uniform da und dann kommt die Entscheidung: Töte ich jemanden anderen oder verweigere ich mich und sterbe selbst. Das, was all die berühmten Freiheits"kämpfer", die gewaltfreien Widerstand geleistet haben, verbindet, ist ihre Hingabe zu ihrer Überzeugung bis zuletzt - bis zu ihrem Tod. Also die Bereitschaft zu sterben, bevor sie selbst jemanden töten. Ich würde trotz dieser Situation, dieses Drucks, aus heutiger Sicht mich auch verweigern und lieber sterben, als jemand anderem das Leben nehmen. Deshalb bin ich übrigens auch Vegetarier: ich könnte keine Kuh oder ein anderes Säugetier töten (und es anderen zu überlassen, ist aus meiner Sicht geschmackslos und "es" schmeckt nur, wenn ich diese Tötung ausblende.)

"Stell dir vor es ist Krieg - und niemand geht hin."

Ob meine Opferung etwas bringt? Und ob! Es wäre nicht meine erste und letzte Tötung gewesen - und damit meine ich nicht nur die physische, sondern auch das, was in mir stirbt, wenn ich töte. Ich würde erblinden und der Schafherde zum Massengrab der lebenswürdigen Werte nachstolpern. Diese Lebenswerte waren damals im "Zeitalter der Extreme" bereits aufgrund der starken Gewalteinflüsse bereits stark dezimiert. Durch diese Defizite kommen Menschen erst in die Lage, sich durch Gewalt Gehör zu verschaffen. Denn Gewalt ist nichts anderes als der hilflose Ausdruck eigener unerfüllter Bedürfnisse (Rosenberg) - und jene Grundbedürfnisse werden wiederum durch Gewalt zerstört, wo wir in der Gewaltspirale wären.

"Gewalt ist die Waffe des Schwachen."

Schwache Menschen machen sich abhängig, und wenn das, was durch Gewalt gewonnen wird, nur durch Gewalt gehalten werden kann, dann begebe ich mich in eigens kreiertes Gefängnis, dass ich selbst nicht verlassen kann, da ich sonst alles "verliere", was ich durch Gewalt an mir halte. Das Unangenehme an der Sache ist, dass Gewalt das Gegenteil von dem ist, was Menschen glücklich macht, und somit ist der Aggressor nicht nur schwach, abhängig und eingesperrt, sondern vor allem eins: unglücklich. Sobald ich diese Perspektive einnehme und sich mein eigenes Empfinden in Hinblick auf die Konfliktsituation von Ratlosigkeit, Wut und Ungerechtigkeit in Mitgefühl und Empathie wandelt, habe ich zwar die Auseinandersetzung nicht gelöst. Aber ich bin immerhin über meine eigenen Verhaltensmustern wie Verurteilung, Abwertung und Hass hervorgegangen und habe meiner (subtilen) Gewaltbereitschaft widerstanden.

Sonntag, 16. März 2008

Was mich bewegt

von Rainer Maria Rilke

Man muss den Dingen
Die eigene, stille,
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt,
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann;
alles ist austragen -
und dann
Gebären...

Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen
des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.
Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind,
als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
so sorglos still und weit ...

Man muss Geduld haben,
gegen das Ungelöste im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antwort hinein.

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von Rainer Maria Rilke Vor lauter Lauschen und Staunen...
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Zuletzt aktualisiert: 9. Aug, 04:21

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